Present New Year

Søren Kierkegaard (May 5, 1813–November 11, 1855), considered the first true existentialist philosopher, remains a source of enduring wisdom on everything from the psychology of bullying to the vital role of boredom to why we conform. In a chapter of the altogether indispensable 1843 treatise Either/Or: A Fragment of Life (public library), thirty-year-old Kierkegaard writes: „Of all ridiculous things the most ridiculous seems to me, to be busy — to be a man who is brisk about his food and his work.“ In a latter chapter, titled “The Unhappiest Man,” he considers how we grow unhappy by fleeing from presence and busying ourselves with the constant pursuit of some as-yet unattained external goal: „The unhappy person is one who has his ideal, the content of his life, the fullness of his consciousness, the essence of his being, in some manner outside of himself. The unhappy man is always absent from himself, never present to himself. But one can be absent, obviously, either in the past or in the future. This adequately circumscribes the entire territory of the unhappy consciousness.
[…] The unhappy one is absent… It is only the person who is present to himself that is happy.“ Via Brainpickings

Does the human brain resemble the Universe?

„An astrophysicist of the University of Bologna and a neurosurgeon of the University of Verona compared the network of neuronal cells in the human brain with the cosmic network of galaxies, and surprising similarities emerged. […]“ The human brain functions thanks to its wide neuronal network that is deemed to contain approximately 69 billion neurons. On the other hand, the observable universe can count upon a cosmic web of at least 100 billion galaxies. Within both systems, only 30% of their masses are composed of galaxies and neurons. Within both systems, galaxies and neurons arrange themselves in long filaments or nodes between the filaments. Finally, within both system, 70% of the distribution of mass or energy is composed of components playing an apparently passive role: water in the brain and dark energy in the observable Universe. […] Probably, the connectivity within the two networks evolves following similar physical principles, despite the striking and obvious difference between the physical powers regulating galaxies and neurons.“ Via Heike Sperling (via Università di Bologna)

2021, das Jahr des Naturtheaters von Oklahoma?!

„With each new project, we attempt to set an impossible challenge for ourselves, the audience, and our collaborators — working from inside the codes and confines of established genres and exploding them. No two projects are formally the same, but the work is always full of humor, earnestness, rigor, and the audience plays an essential role — whether as spectators or – just as often – as participants in the work.“ Via oktheatre

Parallelfranz

Wo hat eigentlich der phantastisch aktuelle Franz Kafka seine Bildung her? Von 1893 bis 1901 war er Schüler des „Staatsgymnasiums mit deutscher Unterrichtssprache in Prag-Altstadt“. Zunächst ganz der schüchterne und strebsame „Vorzugsschüler“, fielen seine schulischen Leistungen in den Pubertätsjahren deutlich ab. „Fleiß“ und „sittliches Betragen“ wurden zur Verwunderung der Eltern nur noch mit „befriedigend“ bewertet. Franz war Teil und Opfer eines Bildungssystems, das die Köpfe der Gymnasiasten mit „massenhaftem Memorierstoff“ überschwemmte und einem eklatanten Prüfungsirrsin frönte: Am Ende jeder Woche wurde Stoff schriftlich geprüft, etwa jede zweite Woche war eine Hausarbeit abzugeben, dazu kamen die gefürchteten mündlichen Abfragen, die die erste Hälfte jeder(!) Unterrichtsstunde einnahmen. Angesichts dieses ausgeklügelten Phantasietötungssystems begann Franz in Parallelwelten abzutauchen. Seine Schuljahre hat er selbst im Rückblick als Leidenszeit beschrieben: „Oft sah ich im Geist die schreckliche Versammlung der Professoren, wie sie, wenn ich die Prima überstanden hatte, also in der Sekunda, wenn ich diese überstanden hatte, also in der Tertia u.s.w. zusammenkommen würden, um diesen einzigartigen himmelschreienden Fall zu untersuchen, wie es mir, dem Unfähigsten und jedenfalls Unwissendsten gelungen war, mich bis hinauf in diese Klasse zu schleichen, die mich, da nun die allgemeine Aufmerksamkeit auf mich gelenkt war, natürlich sofort ausspeien würde, zum Jubel aller von diesem Albdruck befreiten Gerechten. Mit solchen Vorstellungen zu leben, ist für ein Kind nicht leicht.“ (Aus: „Brief an den Vater“) 

Gibt ja heute erfreulicherweise ganz andere Bildungseinrichtungen.

Der Überbelichtete

„Ich dachte immer, so jemand kann nicht sterben. Das ist, als ob das Leben selbst gestorben wäre.“ trauert Elfriede Jelinek, als sich Christoph Schlingensief, das „große schreckliche Kind“, gerade existentiell verausgabt hatte. Schlingensief,  der Animateur und „Regisseur von Themen“ setzt sich in seinem Künstlerleben stets voll aufs Spiel, ohne Rücksicht auf Familie, Freunde, Scham, Angst, sich selbst; so schafft er immer neue, unbeherrschbare Situationen (Peter Slotherdijk nennt ihn deshalb „den einzigen Situationisten, der je von deutschem Boden aus operierte.“). Er drückt sich durch verschiedene Genres, Institutionen und Medien aus – durch Trashfilme und -TV-Formate, Theaterhappenings, Drehbühnen-Installationen. Typisch Schlingensief auch: wie er die Wagneroper „Parsifal“ mit toten Hasen, behinderten Freunden und Afrikakunst überblendet. Sein letztes Projekt, das Buch „Ich weiß, ich war’s“,  sammelt Geschichten und Impressionen aus seinem Leben, von ihm selbst in seinem letzten Jahr erzählt und später transkribiert. Darin erklärt er, wo das alles herkommt: seine Obsession für Überblendungen, Irritationen, Transformationen. Als Urszene seines Lebens beschreibt er einen Super-8-Filmabend 1968 im Oberhausener Wohnzimmer der Apothekerfamilie Schlingensief. Es läuft das Werk „Norderney-Urlaub“: „Ich sehe, wie meine Mutter und ich am Strand liegen – aber über unseren Bauch laufen plötzlich Leute. Das heißt, irgendwelche anderen Personen laufen über uns drüber bzw. durch uns durch.“ Der achtjährige Christoph ist total geflasht. Und das Bild der doppelbelichteten Bäuche fällt ihm später immer wieder ein, wer er darüber nachdenkt, was ihn im Leben und in der Kunst angetrieben hat. „Man wird nicht der, der man sein wollte, man kann es gar nicht werden, weil die Unschärfe ins Spiel kommt und man permanent neu belichtet wird.“ 

Bukowski ist 100

„Am College hatte ich mal aus Verlegenheit einen Kurs in Creative Writing belegt. Das waren Schwuchteln, Baby. Alberne, affektierte, lapprige Wundertiere. Sie schrieben Gedichte über allerliebste Spinnen und Blumen und Sterne und Familienpicknicks. Verglichen mit diesen Schlaffis waren die Girls im Kurs die reinsten Bierkutscher, aber ihre Schreibe war genauso mies. Der Dozent hockte im Schneidersitz auf einem gehäkelten Teppich, die Augen glasig vor Dummheit und Apathie, und sie versammelten sich um ihn und himmelten ihn an, die Weiber mit weiten weheneden langen Röcken und die Jünglinge mit ihren verkniffenen kleinen Ärschen, die vom letzten Besuch in der Sauna noch nachzitterten. Sie lasen sich ihre Verse vor und kicherten und nölten rum und tranken Tee und aßen Plätzchen dazu. Ja, lacht ihr nur. Ich kam erst gar nicht dazu. Ich saß alleine an der Wand, hohläugig und verkatert, und kämpfte mit dem Schlaf. „Bukowski“, fragte eines Tages der Dozent, „warum sagen Sie nie etwas? Was denken Sie?“ „Alles Stuss“, sagte ich. „Seit Monaten höre ich hier nichts als Stuss.“ Und das war das beste Gedicht des ganzen Semesters.“ (Aus:  Ein schlampiger Essay über das Schreiben und das verfluchte Leben, Maro Verlag)

Bukowski wird 100, es gibt Bohnen mit Knoblauch

„„Ich kam aus dem Krankenhaus und fing an, Gedichte zu schreiben. Keine Ahnung, warum. Hatte einen Magendurchbruch gehabt. Vielleicht hat es damit zu tun.“ Das war 1955. Für Leute, die einen ausgeprägten Sinn für Illusionen haben, ist es gewiss etwas anstrengend, mit Charles Bukowski umzugehen. Es ist auch nicht gerade das Leben eines kultivierten Mitteleuropäers, das sich in diesen Gedichten spiegelt. So wenig wie der uns geläufige „American way of life“. Aber man muss nicht jahrelang Nachtdienst bei der Post gemacht haben, man muss nicht Außenseiter sein, nicht Alkoholiker, ja nicht einmal Mann, um von der Ehrlichkeit, der Trauer und der Komik Bukowskis berührt zu werden. Seine Texte treffen und betreffen uns immer wieder direkt und unmittelbar. Er ist brutal, zersetzend, melancholisch und amüsant.“ Sagt Carl Weissner, der Bukowskis Gedichte ins Deutsche übersetzt hat, auch das hier:

Bohnen mit Knoblauch

Es ist schon wichtig, dass du
aufschreibst, wie dir zumute ist
es ist besser, als wenn du dich
rasierst oder dir Bohnen mit
Knoblauch machst. Es ist das Wenige,
was wir tun können, diese kleine
bisschen Mut, uns klar zu werden
über uns selbst, und natürlich
liegt auch Wahnsinn und Angst
in diesem Wissen,
dass ein Teil von dir
ein Uhrwerk ist, das einmal
stehenbleibt und nicht mehr
aufgezogen werden kann.
Doch jetzt
tickt es noch unter deinem Hemd,
und du rührst die Bohnen um
mit einem Löffel…
eine Geliebte tot, eine andere fort,
eine andere…
ah! so viele Geliebte wie Bohnen,
ja, zähl sie mal alle auf –
traurig, traurig,
wie deine Gefühle ver-
brutzeln auf dem Herd.
Schreib das auf.